Hoffnungsbilder
Auf die Erschütterungen sicherer Orte antworten

Symposium 2023

14. Oktober 2023

Bericht über das Symposium des DAGTP e.V. am 14. Oktober 2023 in Berlin

Unser diesjähriges Symposium fand wieder traditionell in den Räumen der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin mit ca. 100 Teilnehmenden in einer konstruktiven und freundlichen Atmosphäre statt. Offensichtlich freuten sich alle über die Möglichkeit, sich wieder in Präsenz zu begegnen und auszutauschen. Das Tagungsmotto lautete, auch im Hinblick auf die überstandene Coronapandemie und die aktuelle gesellschaftlich-politische Lage: „Hoffnungsbilder. Auf die Erschütterungen sicherer Orte antworten.“

Nach einer Begrüßung durch Frau Professorin Uschi Knott in Vertretung der Lehrtherapeuten und des Studienganges sowie durch Bianca Raue-Schulenburg als Vorstandsvorsitzende des DAGTP e.V. referierte der Kunsttherapeut und Buchautor
Dr. Udo Baer zum Thema: “Halt geben in haltlosen Zeiten“ und damit verbundenen kunsttherapeutischen Implikationen als Antwort auf die verletzte Würde eines Menschen durch Gewalterlebnisse. Er wies auf die Bedeutung hin, zu Beginn jeder therapeutischen Arbeit den Emotionen und Fantasien der jungen und erwachsenen Klient*innen
gestalterisch Form zu verleihen und damit Licht in dunkle Ecken der Seele zu bringen. Ebenso sei es wichtig, vermeintliche Widersprüche des Erlebens anzuerkennen, indem statt eines „entweder oder“ ein „und“ als Voraussetzung für innere Verarbeitung und Integration geschaffen wird. Seine Erläuterungen verknüpfte er gekonnt mit praktischen Beispielen therapeutischen Handelns. Aus dem Publikum stellte sich im Rahmen der folgenden Diskussion die Frage nach dem Umgang mit Tätern bzw. auch Täteranteilen beim kunsttherapeutischen Arbeiten. Der Referent antwortete mit seiner persönlichen Überzeugung, für ihn sei in diesem Kontext zum einen die echte Reue des Täters /der
Täterin, und ebenso seine/ihre Bereitschaft zum reuegeleiteten Handeln im Sinne einer Übernahme von Verantwortung entscheidend.

Im Anschluss an diesen runden und berührenden Vortrag konnten alle Teilnehmenden nach einer kleinen Stärkung am Buffet an ihren vorab ausgewählten Workshops teilnehmen. In 6 verschiedenen Workshops wurden gestaltungs- und kunsttherapeutische Ansätze, Themen und Methoden vorgestellt und mit praktischen Selbsterfahrungsübungen im Gruppenkontext verknüpft.

 
So beschäftigte sich der Workshop von Frau Professorin Doris Tietze mit dem formanalytischen Spiegelbild und der Lücke als Raum von Veränderungsmöglichkeiten und Hoffnung.
Elke Pfeiffer-Nagel bot in ihrem Workshop Anregungen zu selbstregulierenden Prozessen in der Trauma-Kunsttherapie,
Bettina Albrechts Workshop befasste sich mit dem Herz als Individuationssymbol und mit Petra Drachenberg erkundete man im Workshop imaginativ innere sichere Orte.
Der Workshop von Thomas Wirth fokussierte auf Selbsterfahrungsprozesse in Gruppenarbeiten als Schwellen- und Übergangsraum.
Claudia Helfer führte in ihrem Workshop durch eine kleine Ausstellung von Bildern, die in ihrem Berliner Atelier „Arthe“ entstanden sind und leitete an zu kunsttherapeutischen Bildbetrachtungen im Hinblick auf Hoffnungssymbole, die auch im Gruppenkontext ihre Wirkung entfalten.
Die Tagung beendete die Künstlerin, Professorin für Kunsttherapie und Buchautorin Frau Prof. Doris Tietze mit ihrem Vortrag zur „Lücke als Raum der Hoffnung und Veränderungsmöglichkeit“, wobei sie sich in ihren Ausführungen sowohl auf die Arbeit mit dem formanalytischen Spiegelbild als auch auf die Arbeit mit Comics bezog. Als Ausgangspunkt ihrer Überlegungen dienten künstlerische Arbeiten von Joseph Beuys und William Kentridge, bei denen das Bild als Membran zwischen äußerer Welt und
innerer Vorstellung eine spezifische Funktion erhält. Mit Hilfe einer besonderen therapeutischen Intuition kann es nach Gisela Schmeer gelingen, gleichzeitig mit einem fokussierten Blick die Gegenwart zu erfassen, mit einem schweifenden Blick die Atmosphäre und mithilfe des dynamischen Blickwinkels Veränderungsmöglichkeiten. Gerade Comics bieten durch ihre reduzierte und fokussierte Art viele Gelegenheiten zu Projektionen und Identifikationen, weshalb die kunsttherapeutische Arbeit mit ihnen sehr interessant erscheint. Frau Prof. Tietze stellte die Comic-Werke verschiedener Künstler*innen vor, so unter anderem einen Comic von Philippa Perry und Junko Graat über den Verlauf einer Psychotherapie, die Arbeit von Katie Green über die Entwicklung einer Essstörung und einen Comic von Alison Bechdel zum Umgang mit den Grenzen und Ressourcen der eigenen Eltern. Publikumsfragen bezogen sich dann auf die praktische Arbeit mit Transparentpapier und die unterschiedlichen Wirkungen von Sprache und Bildern im Rahmen der Therapie.


Im Anschluss an diesen anregenden und reichen Vortrag erhielten die beiden Referent*innen sowie Herr Genehr als Koordinator der Hochschule einen Blumengruß als Dankeschön.
Mit einem Hinweis auf die anschließende Mitgliederversammlung des Vereins erfolgte gegen 16 Uhr eine herzliche Verabschiedung.
Umrahmt wurde dieses von uns als sehr gelungenen wahrgenommene Symposium durch den schon bewährten Bücher-Verkaufstand der Berliner Fundus-Bücherei mit ihrem vielfältigen Angebot an Fachbüchern.

Das nächste Symposium wird voraussichtlich 2025 wieder in Berlin stattfinden.

Birgit Hamann (Vorstandsmitglied DAGTP e.V.)
Berlin, 28.10.2023

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